Islamischer
Religionsunterricht in Österreich

Islamischen
Religionsunterricht gibt es an österreichischen Schulen bereits seit Juni 1982. Dies ist
innerhalb Europas eine Besonderheit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem
gesetzlichen Anerkennungsstatus des Islams seit 1912 steht. Hier gilt Österreich als
modellhaft, da sich positive Effekte für die Integration ergeben.
Inzwischen
gibt es ca. 50.000 muslimische SchülerInnen, die in Österreich den islamischen Religionsunterricht
besuchen und dabei von rund 400 LehrerInnen betreut werden. Seit 1998 besteht mit der
Islamischen Religionspädagogischen Akademie (seit 2007 Privater Studiengang für das Lehramt für
islamische Religion an Pflichtschulen)
eine
eigene Institution für die Ausbildung der Fachkräfte. ReligionslehrerInnen für die höheren
Schulen werden seit dem Wintersemester 2006/07 an der
Universität Wien ausgebildet. Das
Islamische Religionspädagogische Institut (seit 2008 Privater
Hochschullehrgang für Islamische Religionspädagogische Weiterbildung (IHL))
kümmert sich seit 2003 um die Fort- und Weiterbildung der islamischen
ReligionslehrerInnen.
Als
Minderheit können Muslime in Österreich sehr zufrieden damit sein, dass die
Gleichbehandlung mit anderen anerkannten Religionsgemeinschaften ihnen viele
Möglichkeiten öffnet. Dabei kommt dem Islamunterricht eine entscheidende Rolle zu. Nicht
zuletzt ergeben sich durch das kollegiale Verhältnis zu anderen LehrerInnen wertvolle
Impulse für den Dialog. Die Woche des Religionsunterrichts in Wien im April
2005 konnte als Projekt hier ein wichtiges Zeichen setzen, die Zusammenarbeit weiter
auszubauen.
Ziele des Islamunterrichtes an öffentlichen Schulen
- Einheitliche und gesicherte Inhalte
Der
Islam steht zunehmend im Brennpunkt. Umso wichtiger ist es für die muslimische Minderheit
in Österreich der Jugend eine solide und ausgewogene Vermittlung religiöser Inhalte
weitergeben zu können, die sowohl inhaltlich hochwertig ist, als pädagogischen
Ansprüchen Folge leistet.
- Betonung des islamischen Weges der Mitte
Eine
solide Ausbildung über islamische Inhalte gepaart mit einer zu eigenem kritischen Denken
anregende Unterrichtsführung erzieht zu einer Haltung der Mäßigung, der Bewusstheit der
eigenen gesellschaftlichen Verantwortung im Sinne des Gemeinwohls und einem ethischen
Handeln, das auf gegenseitigen Respekt und Verständnis ausgerichtet ist. Der Islam bietet
eine Fülle von Inhalten, die mit dem modernen Begriff Friedenserziehung zu
beschreiben sind. Hier liegt ein Schwerpunkt der Arbeit der LehrerInnen.
- Förderung der eigenen Identität
Der
Islamunterricht führt Kinder und Jugendliche zusammen, die aufgrund ihrer Herkunft einen
unterschiedlichen Hintergrund haben. So wird eine lebendige Reflexion über die eigene
Identität als Muslime gefördert. Das Verbindende steht im Vordergrund und jegliche
chauvinistische Nationalismen werden im Rahmen der antirassistischen Ausrichtung des Islam
kritisch zurückgewiesen. Gerade für junge Menschen der zweiten und dritten Generation
bietet der Religionsunterricht eine wichtige Orientierung und einen geschützten Raum, um
über die eigene soziale Rolle nachzudenken.
- Bewusstmachung der Kompatibilität einer islamischen Lebensweise mit dem Gefühl der
Zugehörigkeit zu Österreich und Europa
Die
Frage nach der Integration des Islam in Europa kann im Unterricht aufgegriffen werden und
im Gespräch mit den SchülerInnen die Vereinbarkeit ihrer Identität als Muslime und
Menschen, die den Lebensmittelpunkt Österreich teilen, herausgearbeitet werden.
- Umgang mit Vielfalt
Indem
der Reichtum innerhalb des Islam für die SchülerInnen durch die Berücksichtigung der
unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und islamischen Rechtsschulen erfahrbar wird,
werden auch Ansätze für eine positive Bewertung vielfältiger Zugänge geliefert, die
zugleich vielfältige Lösungsmodelle anbieten können. Dabei unterstützt die gemeinsame
Basis der zentralen Kernaussagen des Islam den innermuslimischen Diskurs, der hier einen
einigenden Rückhalt findet.
-
Förderung des konstruktiven innermuslimischen Dialogs
Muslime
in Europa sehen sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber. Die Schule als ein
Ort der Bildung schafft Voraussetzungen dafür, dass Muslime in Österreich ihr eigenes
Profil gewinnen können und im späteren Leben fähig sind, kritisch und eigenständig an
aktuelle Fragen zu gehen. Schließlich regt der Islamunterricht auch zu einer
Beschäftigung mit Unterschieden zwischen Tradition und islamischer Lehre an.
- Eintreten für Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen
Die
kritische Auseinandersetzung mit Traditionen, die mit dem Islam scheinbar begründet
werden, aber diesem mitunter zuwiderlaufen, ist gerade bei der Behandlung der Stellung der
Frau wichtig und kann helfen, alte dem Islam widersprechende Rollenmuster zu revidieren.
- Kompetenz im Umgang mit Vielfalt in der eigenen Gruppe als Schlüssel zu einer
generellen Bejahung von Vielfalt
Unsere
Gesellschaft ist pluralistisch und Diversität längst ein Fachwort, das
Eingang in die Beschäftigung mit Wegen gefunden hat, die uns diese Vielfalt als
gemeinsame Chance begreiflich und nutzbar machen. Wer sich mit Vielfalt innerhalb des
eigenen Kontextes auseinander gesetzt hat, kann leichter die so gewonnen Erfahrungen
gesamtgesellschaftlich übertragen.
- Wissen als Prämisse für einen breiten Dialog
Erfreulicherweise
gewinnt der Dialog an immer größerer Bedeutung. Ein breiter Dialog, an dem große Teile
der Bevölkerung teilhaben, verlangt nach Dialogpartnern, die durch ihre Sachkenntnis die
Qualität des Diskurses sichern. Wird die Brückenbauerfunktion der jungen
muslimischen Generation oft angeführt, so gehört dazu auch eine Ausbildung über den
eigenen religiösen Hintergrund wie sie der Islamunterricht leistet.
- Integration durch Partizipation
Das
Motto der Islamischen Glaubensgemeinschaft zum 25jährigen Jubiläum lässt sich ganz
besonders auf den Islamunterricht umlegen. Ziel ist es schließlich, junge muslimische
Menschen dazu heranzubilden, wertvolle Mitglieder in der Gesellschaft zu sein und sie zu
ermutigen, durch Teilhabe an einem friedlichen und respektvollen Zusammenleben
mitzuwirken. |